Provence 2010

Prolog im Himmel

„Altherrenradeln“ bedeutet, dass mit jeden Lebensjahr die Zahl der Zähne auf den Ritzeln zunimmt. Frei nach dem Motto: Was vorne fehlt, kommt hinten drauf. Wir freuen uns auf das Altherrenradeln in der Ebene, ohne auf die schiefe zu kommen.

Das Team im Überblick

und im Detail (Rainer, UliZ, Siegi, Stefan, Uli, Matthias)

Die Touren

Der Bericht

Ode an die Null oder der Tag 0

Anreise in zwei getrennten Autos – badisch und württembergisch – (aber handymäßig verbunden), wobei die badische Fraktion mit einem schwäbischen Auto und die schwäbische mit einem bayerischen Auto reist. Aus Freude am Fahren wollte dann auch das bayerische Auto unbedingt nach Grenoble (wegen dem „nobel“ im Namen).

Angekommen im Haus bei Pierrevert,

ging es weiter mit Pizza (vom Pizzabäcker), etwas Wein und vielen Diskussionen und Aufgaben.

Zur Ode: Wo zwei oder drei meiner mathematischen Jünger versammelt sind, kommt automatisch die Frage: „Was oder wer ist die Null?“ Es war eine lange Diskussion, die durch die Pizza abgerundet und gemildert wurde.

Zu (er)klären: Der Begriff Schnitt im Sinne des Radfahrens hat nichts mit dem Schnitt bei Burda zu tun.

Kleine Aufgabe: Man hat einen Berg vor sich mit 20 KM bergauf und 20 KM bergab. Berg hoch fährt man mit 10 KM/h. Wie schnell muss man bergab sein, damit die Durchschnittsgeschwindigkeit insgesamt 20 KM/h beträgt?

Tag 1: Frühstück bei Stef(f)an(ie) (18. April)

Das „Räder und Radfahrer richtet euch“ unseres Commandante Che Rainero

blieb heute aus. Die Ausfahrt erfolgte unter seiner Führung zur ersten Kreuzung „rechts“, was eigentlich politisch nicht korrekt war.

Kurzer Abstecher zur RN 96, nach fünf Kilometern kam es zu einer basisdemokratischen Entscheidung (siehe hierzu auch „Ratlos in Seattle“). Die ungerade Anzahl der Teilnehmer ersparte uns den Hammelsprung.

Weiter ging es nach Lourmarin, wobei unterwegs ein rundkugeliger, blau-weiß getrikoter Hobbyfahrer der 25. französischen Radamateurliga verzweifelt versuchte uns abzuhängen.

Schon bald sollte uns Lourmarin erwarten, so dachten wir. Zuvor gab es aber die üblichen Kommunikationsschwierigkeiten: Che Rainero befahl „Halt!“, meinte aber „Folgen!“ Folgen aber konnten nur diejenigen, die Che hinter den Platanen verschwinden sahen. Nur das Handy verhinderte die Katastrophe.

Treffpunkt der verstreuten Gruppe am Châteaux Lourmarin, wobei Lenker und Fahrer sich ehrerbietigst vor der Tonne verneigten (Diogenes hat sie großzügig für diesen Zweck frei gegeben).

Von da ab ging es eilig dem See von Cucuron entgegen. Als wir ihn sahen, wussten wir sofort, warum er mit der ersten Silbe „cu“ versehen war. Vor einer grün-grauen ungeklärten Brühe dümpelte im Trockendock auf einer Mauer ein Dampfer, der das ganze Glück seines Besitzers repräsentierte.

UliZ als maximaler Ignorant stellte lässig seinen roten Ferrarischlitten davor, was dem Schiffseigner im schwarzen Ferrarihemd missfiel.

Auf welligen Höhenmetern des Luberon ging es zurück – rinkele ränkele (dies ist ein Beitrag der badischen Minderheit). Der Tag schloss mit dem Mundraub von Golfbällen und der Frage ab: Warum ist deren Oberfläche nicht glatt sondern vernoppt („Hallo Nobbi, hast du eine Antwort?“; siehe hierzu den Link zur Erläuterung wer diese Sendung nicht kennt)?

Möglichkeiten für eine Antwort:

  1. Weil sie aus der Schweiz kommen.
  2. Weil dies die Flugbahn stabilisiert.

Preis: Der Gewinner darf das Rad von Che putzen. Eine erste Hilfestellung findet man hier. Weitere Details kann man einem Artikel der „Notices of the AMS, 57 (4)“ entnehmen.

Nachdem dies nicht genug war, wandte man sich einem Problem des Meisters Terence Tao zu, dem „Airport Inspired Puzzle“. Die Praktiker lösten diese Aufgabe mit Bravour.

Tag 2 : Durchs wilde Provencistan (19. April)

Abfahrt 09:45 Uhr, pünktlicher als die Bundesbahn.

Loulou (Louis), der Schwager von Gérard, unserem Nachbarn, ein erfahrener Radsportler, traf rechtzeitig ein. So konnten wir gen Westen rollen nach La Bastide und hoch nach Vitrolles. Dort ereilte Stefan der Fluch der zweiten Sohle, den ihm der Häuptling von Provencistan schon vorhergesagt hatte. Über den Lenker wollen wir schweigen.

Während die Auffahrt eine wunderbare Straße, war die Abfahrt nach Céreste eine einzige Bollerpiste.

Von Céreste ging es auf der RN100 in einer Einerreihe zum Canyon de’Oppedette (zum Begriff des „Gorge“ oder „Canyon“ siehe hier).

Von Oppedette nach Carniol, der HM zeigte immer 750 Meter an, ging es hoch auf 820 Meter mit einem wunderschönen Blick auf die schneebedeckten Montagne de Lure und Mont Ventoux.

Danach in rasender Fahrt nach Reillanne, weil alle Hunger und Durst hatten. Und hier war die Pause gestattet.

Von Reillane nach Villemus und weiter hoch zur D907. Ein schöne Abfahrt brachte uns nach Manosque, wo wir rechtzeitig die Abzweigung nach Pierrevert nahmen und so schnell zum Orée du Golf kamen.

Abendliches Ereignis: Das Literarische Quintett und „Der Werwolf“ von C. Morgenstern.

Tag 3: Königsetappe (20. April)

Nach dem Frühstück und einer intensiven Diskussion zum Ziegenproblem, begann die Königsetappe. Unser Begleitfahrzeug stand schon bereit, war aber nicht operabel. Che dagegen schon und leitete uns sicher durch das verkehrschaotische Labyrinth von Manosque.

Dann ging es hoch zum Col de la Mort d’Imbert (der Arme). Runter nach Dauphin und hoch nach Forcalquier über einen berühmten Radweg.

Kurze Diskussion, ob jetzt schon eine Pause eingelegt werden kann, was aber wie immer niedergebügelt wurde (siehe auch Schimanski). Es ging hoch St. Etienne les Orgues, ein Dorf mit abgesägten Platanen.

Jetzt kam endlich die erlaubte Pause und Che erwarb sich La Provencial (nur des Wetterberichtes wegen).

Weiter ging es auf dem Höhenweg nach Banon. Rauschende Abfahrten und kurze, knackige Anstiege brachten uns über Carniol und Gorges d’Oppedettes zurück zur RN 100.

Ein abstruser Radweg führte uns nach Céreste, wo wir nochmals halt machen mussten (wegen Che). Acht Kilometer Anstieg im Grupetto(was nichts mit Coperto zu tun hat) über den Col de l’Aire folgten.

Danach die rasende Abfahrt zurück zum Quartier.

Später wurde der Grill eingeweiht.

Dies war der wahre Höhepunkt des Tages dank der Vorbereitungen und der Koch- und Grillkünste von Stefan und Siegi.

Danke an Peter! Ohne seine großzügige Genehmigung wäre dies nicht möglich.

Tag 4: Am vierten Tage aber sollst du nicht ruhen (21. April)

Ist es draußen warm und trocken,
Lässt’s sich gut am Laptop bloggen.
Ist es aber kalt und nass,
Macht es auch im Trocknen Spaß.

(UliZ, 2010)

Wetter schön wie immer. Selbst die Düsenjets fliegen wieder. Der Vulkan in Island macht Pause – wir nicht. Heute hat Che 100 Kilometer verordnet.

Orée du Golf – La Bastille – Cucuron – weiter über Vaugines – Lourmarin.

Dort der übliche Kampf um den Café, den Che verweigerte und eine Banane aß.

Entlang der Aigus Bruns ging es über Buoux (nicht Buchs) hoch zur D232.

In Richtung Saignon weiter, wobei wir uns rechts hielten (Le Colombiere). Über Castellete, hoch über dem Tal der Calavon ging es immer auf einer wunderschönen Nebenstraße weiter nach Céreste.

Dort war diesmal die Kaffeepause willkommen.

Der Anstieg zum Col de l’Aire wurde, wie am Tag vorher, gemeinsam gemeistert. Im Grupetto, aber diesmal schneller.

Beim Erreichen das Cols löste sich das Grupetto auf und das Rennen begann neu. Welche Taktik? Hierfür gibt es eine einfache Regel: Radrennen werden nicht bei der Abfahrt entschieden. Damit ist klar: Hier anzugreifen, lohnt sich nicht.

Anmerkung: Da unser „Laufband“ die Abfahrt ist, findet man eine mathematische Begründung beim „Airport Inspired Puzzle“ (siehe Tag 1).

Von nun an ging’s bergab (Hildegard Knef).

Statistisches zum Ziegenproblem: Eine Versuchsreihe beim Tee mit zehn Versuchen ergab bei einem Wechsel ein Gewinnverhältnis 8 zu 2 (Theorie: 6,666…). Später kam der nächste Zähri an, Matthias.

Neue Aufgabe für die Praktiker: Das „Blue Eyed Islanders Puzzle“ Problem von T. Tao.

Tag 5: Furiosum & Tutti (22. April)

Im Frühtau zu Berge: Abfahrt 09:15 Uhr.

Über schlechte Straßen ging es nach Manosque. Gut geleitet von Che durch die Stadt, mit gelegentlichen Beschleunigungsversuchen im Kreisverkehr erhielten wir dann doch die richtige Tangentialgeschwindigkeit, die uns zum Col de la Mort d’Imbert (591 Meter) brachte.

Nach den üblichen Materialproblemen

ging es runter nach Dauphin und von dort aus weiter zum St. Michel de l’Observatoire, wo wir auch die notwendigen Ersatzteile fanden.

Weiter über den Radwanderweg hoch zur D14.

Nach einem kurzen Disput

hinunter nach Reillanne mit genehmigter Pause im Café auf dem Marktplatz.

Von Reillanne ging es über einen üblen Radweg („.. dieser Weg hat sich seit dem letzten Jahr beträchtlich verschlechtert“ laut Che) hinunter nach Céreste.

In Céreste entfiel der obligatorische Café au Lait und die Gruppe nahm den Anstieg zum Col de l’Aire (680m). Diesmal war die Strecke frei gegeben und Elite und Grupetto trennten sich. Nach dem Zusammenschluss am Col ging es bergab und an der Kreuzung in Vitrolles trennten sich die Gruppen endgültig: Ein Teil fuhr direkt gen „Home“, die Gruppe „Zähri“ fuhr noch eine Schleife.

Abends gab es das Spaghetti-Abschiedsessen

mit einer heißen Diskussion zu Packstationen, Amazon, e-bay und den „modernen“ Tools dieser Zeit. Wie es sich zeigte, ist keiner der Teilnehmer in der Lage, ein Paket an einem Fahrkartenautomaten aufzugeben.

Schlusswort: Tolles Wetter, keinen Platten, keine Stürze, wunderbare Gastfreundschaft, nette Verwalter. Provence, wir kommen wieder!

Fahrradfahren ganz in Trance
Findest du in der Provence.
Wo es dort am schönsten wär?

Keine Frage: Pierrevert.

(UliZ, 2010)

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